Brillengläser
Das Brillenglas ist das optische Kernstück der Brille. Es hat in den letzten beiden Jahrzehnten eine rasante Weiterentwicklung erfahren:
- Auf dem Sektor der Materialien wurden zunächst bei mineralischen Gläsern (solchen aus "Glas" im eigentlichen Sinne) immer höhere Brechzahlen ermöglicht. In Verbindung mit asphärisch (d.h. "nicht-kugelförmig") gestalteten Flächen wurden die Brillengläser erheblich dünner. Da aber mit zunehmender Brechzahl auch das spezifische Gewicht eines Glasmaterials sich erhöht geht mit dieser ansprechenden Formgebung meist keine allzu große Gewichtsersparnis einher.
- Kunststoffgläser sind konkurrenzlos leicht, waren aber zunächst deutlich dicker als solche aus Glas. Seit einigen Jahren ist aber auch hier eine Entwicklung hin zu Brechzahlen fast so hoch wie beim mineralischen Material. Auch sie können asphärisch-flach geschliffen werden.
- Seit der Nachteil der höheren Dicke zunehmend weggefallen ist, ist der Anteil der Kunststoffgläser kontinuierlich gestiegen. Manche Neuentwicklungen im Glasbereich werden nur noch im Kunststoffmaterial angeboten.
- Aufwendige Beschichtungen gleichen weitere ursprüngliche Nachteile der Kunststoffe aus: die deutlich höhere Kratzempfindlichkeit wird durch Hartschichten gemildert. Seit Einführung der dem Lotosblatt nachempfundenen "Lotosschichten" lassen sich Kunststoffgläser auch ebenso leicht säubern wie solche aus Glas und "verschmieren" beim Reinigen nicht mehr.
- Trotzdem wird die Härte – und damit die Lebensdauer - von Mineralglas noch nicht erreicht.
- Bei phototropen Gläsern, also solchen, deren Tönung sich dem Sonnenlicht anpasst, reagiert das Kunststoffmaterial mittlerweile erheblich schneller als Glas. Vor allem hellt es rascher wieder auf und kommt mit einer viel geringeren Grundtönung aus.
Der lästige Wechsel zwischen Fern- und Nahbrille wird vermieden durch Gläser mit unterschiedlichen Sehbereichen. In aller Regel sind sie so aufgeteilt, dass der untere Teil für die Nähe, der obere Teil für das Sehen in der Ferne benutzt wird.
Klassische Ausführung hierbei ist das Bifokalglas mit abgesetzter Trennkante zwischen Fern- und Nahbereich. Obwohl es zunehmend von den Gleitsichtgläsern verdrängt wird, sollen doch zwei Vorteile dieses Glases erwähnt werden:
- Sowohl Fern- als auch Nahbereich sind praktisch frei von Unschärfen und Verzeichnungen.
- Die Fläche des Nahfeldes kann je nach Ausführung erheblich größer gewählt werden als bei einem Gleitsichtglas, es gibt sogar eine Ausführung mit waagerechter Unterteilung, bei der die gesamte untere Glashälfte für die Nähe ausgelegt ist.
In den letzten Jahren entscheiden sich aber immer mehr Brillenträger für Gleitsichtgläser. Gerade im modernen privaten und beruflichen Umfeld überwiegen deren Vorteile:
- Durch den allmählichen Übergang von Fern- und Nahbereich entfällt die scharfe Trennkante, die beim Laufen häufig irritiert.
- Durch die Übergangszone kann in mittleren Entfernungen scharf gesehen werden, z.B. beim Blick auf Regale, Instrumente im Auto, Computer im Büro.
- Das Glas sieht wie ein "normales" Brillenglas aus.
Die Gleitsichtgläser sind seit ihrer Markteinführung Ende der 50-er Jahre kontinuierlich weiterentwickelt und verbessert worden. Es stehen heute die verschiedensten Qualitäts- und damit Preisstufen zur Verfügung.
Generell gilt: je höherwertiger die Gestaltung der optischen Fläche ist, umso breiter und komfortabler sind die Sehbereiche, umso weniger muß der Brillenträger den Kopf mitbewegen und "die Schärfe suchen".
- Basis-Gleitsichtglas: meist älterer Glastyp der im unteren Preissegment angeboten wird. Spürbare Einschränkung vor allem im Nah- und Zwischenbereich.
- Unsere Empfehlung: eventuell als Einstiegsglas bei geringen Fehlsichtigkeiten, als Ersatzbrille oder für eine Sonnenbrille, mit der man sporadisch auch lesen will.
- Standard-Gleitsichtglas: preisgünstige Variante mit befriedigender Abbildung. Es wird noch mit standardisierten Gleitflächen aus vorgefertigten Rohlingen hergestellt. Es hat noch keinen den individuellen Dioptriewerten angepassten Flächenverlauf und daher noch spürbare Einschränkung der Sehbereiche.
Foto: Rodenstock
- Unsere Empfehlung: Brauchbar bei geringen, unkomplizierten Fehlsichtigkeiten (geringe Hornhautkrümmung, geringe Stärkeunterschiede zwischen beiden Augen). Gut geeignet als Ersatz- oder Zweitbrille.
- Komfort-Gleitsichtglas: "wirkungsoptimierte" Flächengestaltung. Dieses Prinzip wurde erst durch modernste, computergesteuerte Fertigungsverfahren möglich. Man geht nicht mehr von einem standardisieren Rohling aus. Die Flächen werden für jedes Glas nach den individuellen Dioptriewerten berechnet und gefertigt. Die Übergangsbereiche sind nicht mehr für alle Stärken gleich sondern auf die erforderlichen Fern- und Nahwerte optimiert. Komfortglas mit recht breiten Sehbereichen in allen Entfernungen.
Foto: Rodenstock
- Unsere Empfehlung: Für den täglichen Gebrauch bei allen Fehlsichtigkeiten. Auch bei hohen Stärken noch sehr komfortabel.
- Individual-Gleitsichtglas: Der Maßanzug für Ihre Augen. Das Premiumprodukt der Spitzenklasse. In die Berechnung der Glasfläche fließen außer den Dioptriewerten noch andere individuelle Parameter ein, wie: Augenabstand, Vorneigung der Brillenfassung, Abstand von Auge und Brillenglas etc. Außerdem kann der Sehabstand gewählt werden, auf den der Brillenträger den meisten Wert legt.
Foto: Rodenstock
- Unsere Empfehlung: Für Brillenträger, die höchsten Sehkomfort ohne Kompromisse suchen. Auch für komplizierte Fehlsichtigkeiten (hohe Hornhautkrümmung, hohe Unterschiede rechts/links etc.) und höchste Anforderungen an bestimmte Sehbereiche.
- Nahgläser für erweiterten Arbeitsabstand
Generell gilt: je höher der Unterschied zwischen Fern- und Nahstärke bei einem Gleitsichtglas, umso schmaler werden die Sehbereiche vor allem in der Zwischenzone. Außerdem bleibt ein Gleitsichtglas – außer in der Individual-Ausführung – immer ein Brillenglas für die Ferne mit einer sich nach unten anschließenden Nahzone. Um die Tauglichkeit der Gläser im z.B. im Straßenverkehr zu garantieren werden alle Abbildungsfehler, die aus dem Wirkungsanstieg nach unten resultieren, aus dem Fernbereich heraus in die Nähe "geschoben". Deshalb ist in der Nahzone das Glas nicht in ganzer Breite auszunutzen und vor allem der Zwischenbereich häufig so eng, dass ein Computerbildschirm nicht ohne Kopfdrehung in ganzer Breite überblickt werden kann.
Einer reinen Nahbrille jedoch fehlt ab einer gewissen Stärke die Tiefenschärfe, um die 60…80 cm. Abstand zum Bildschirm zu überbrücken. Die einfache Lesebrille ist daher für viele moderne Arbeitsplätze unbefriedigend.
Hier setzt eine neue Glasgeneration an: die "Nahgläser mit erweitertem Arbeitsabstand" oder kurz "Office-Gläser". Sie beschränken sich im oberen Glasdrittel auf eine "Raumkorrektur" bis ca. 3 m. Dadurch wird die Zwischenzone komfortabel breit. Außerdem werden die Fehlerzonen aus dem Nahbereich ins obere Glasdrittel geschoben. Das Glas ermöglicht entspanntes, ermüdungsfreies Arbeiten in der Nähe und am Bildschirm. Es ist nicht für den Straßenverkehr geeignet, man braucht die Brille aber beim Bewegen im geschlossenen Raum in aller Regel nicht abzusetzen. Aktenregale und ähnliches können gut überblickt werden.
Foto: Rodenstock
- Unsere Empfehlung: Sehr gut geeignet, wenn in der Ferne keine oder nur eine sehr geringe Fehlsichtigkeit vorliegt.
- Wenn man vom Schreibtisch aus auch auf ca. 3…4 m scharf sehen will. Als Ergänzung zur Gleitsichtkorrektion, wenn sehr viel am Computer gearbeitet wird.
Für alle Gleitsichtgläser oberhalb der Basis-Qualität und selbstverständlich auch für die "Office-Gläser" gilt die Verträglichkeitsgarantie unserer Hersteller: Wenn Sie mit dem gewählten Glastyp unzufrieden sind können Sie im ersten halbe Jahr Ihre Gleitsicht- oder Office-Brille in ein anderes System umtauschen und bekommen den vollen Wert der Gläser gutgeschrieben.